• ist eine Methode zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit;
  • ist eine Körperarbeit, die unter anderem zu einer nachhaltigen Verbesserung der Körperhaltung führt;
  • ist Meditation,
  • Achtsamkeitsübung
  • und Wahrnehmungsschulung;
  • schult die Verbindung von Körper und Geist einfach und unkompliziert;
  • ist im fortgeschrittenen Stadium eine effektive innere Kampfkunst.

Yiquan (etwa: i’tschüan) ist sowohl ein Weg des Qigong als auch eine innere Kampfkunst. Die grundlegende Übungsmethode im Yiquan sind die Stehen-wie-ein-Pfahl- oder Stehen-wie-ein-Baum-Übungen (Zhanzhuanggong). Diese Übungsmethode ist nachweislich sehr alt. Kenneth Cohen weist auf Belege hin, die bis in die Qin-Dynastie (221-206 v. Chr.) zurückreichen. Gelegentlich wird von Zhanzhuanggong daher auch als der Mutter des Qigong gesprochen.

Durch Vereinfachung zum Kern der Sache

Yiquan zählt aber auch wie Xingyiquan, Taijichuan und Baguazhang zu den inneren Kampfkünsten. Wang Xiangzhai, der Begründer des Yiquan, hat seinen Stil aus einer grundsätzlichen Unzufriedenheit über den Zustand der Kampfkünste zu seiner Zeit heraus entwickelt. So nahm er missbilligend wahr, dass

  • man große Aufmerksamkeit auf die äußeren Form (Xing) richtete, sich aber immer weniger um die viel wesentlicheren Inhalte kümmerte;
  • der äußere Schein, der von schönen Bewegungen und komplizierten Bewegungsmustern ausgeht, wichtiger wurde als der sowohl für die Gesunderhaltung als auch für die Kampfkunstfähigkeit alles entscheidende innere Kern;
  • eine mystische, unklare Begrifflichkeit und geheimgehaltene Pfade der Wissensvermittlung nur das Ziel haben, die wahren Inhalte zu verschleiern, und dass sie nur der Eitelkeit einzelner dienen, anstatt jeden, der sich dafür interessiert, mit einem Wissen in Verbindung zu bringen, das der ganzen Menschheit zur Verfügung stehen sollte.

Wang zog aus seinen Beobachtungen und seinem Missfallen radikale Konsequenzen. Das Ergebnis heißt Yiquan. Die Ähnlichkeit dieses Begriffs mit dem Begriff Xingyiquan ist nicht zufällig, sondern gibt genau der Veränderung Ausdruck, auf die es Wang Xiangzhai ankam. Das war die Betonung des inneren Kerns sowohl was die Förderung der Kampfkunstfähigkeit als auch die der Gesundheit anbelangte. Und diesen inneren Kern machte Wang in der Arbeit mit der Vorstellungskraft (Yi) aus. Auf sie hat er den Schwerpunkt in seinem System gesetzt. Die äußere Form (Xing) aber ist demgegenüber nur von unter- und nachgeordneter Bedeutung. So wurde aus Xingyiquan XingYiquan.

Nomen est omen: Yi und Quan

Yi ist im Chinesischen ein vieldeutiger Begriff, kann aber der Einfachheit halber zutreffend mit Vorstellungskraft übersetzt werden. Durch das Betonen von Yi, der Vorstellungskraft, und durch das Außerachtlassen von Xing, der Form, wird die entscheidende Richtungsänderung markiert, die Wang vornahm: Anders als in den äußeren Kampfkünsten baut Yiquan weder auf äußerer, körperlicher, rein muskulärer Kraft auf noch gibt es ermüdende Schnelligkeits- und Reaktionstrainings. Anders als in den inneren Kampfkünsten gibt es keine äußere Form, mittels derer die Inhalte geübt werden. Solche äußeren Formen sind ansonsten typisch für die inneren Kampfkünste. Man versteht darunter eine festgelegte Abfolge genau definierter Bewegungen. Im Yiquan treten an die Stelle der äußeren Form einfache Übungen in Ruhe (Zhanzhuang) und einfache Bewegungsübungen (Shili, Mocabu). Auf diese Weise wird weniger das Auge des Betrachters bedient als vielmehr Körper und Geist des Übenden geschult. Weshalb auch vom ersten Tag des Übens an der Schwerpunkt auf der Entwicklung innerer Fähigkeiten, auf der Verbesserung und Stabilisierung der Gesundheit sowie auf der allmählichen Ausbildung einer natürlichen Kampfkunstfähigkeit liegt.

Quan meint wörtlich übersetzt Faust, ist hier aber in dem weiteren Sinne als Kunst eines Systems zu verstehen. Yiquan ist also zu verstehen als ein (Gesundheits- und Kampfkunst-)System, das auf der Kunst aufbaut, die Vorstellungskraft richtig einzusetzen (es finden sich daher auch die Übertragungen „Mind-Boxing“, „Geist-Boxen“).

Fünf Aspekte und sieben Schätze

Yi, die Vorstellungskraft, ist die entscheidende Größe in der speziellen Trainingsmethode von Yiquan. Allerdings steht Yi nicht für sich alleine, sondern ist zusammen mit vier anderen Aspekten zu sehen. Erst ihre gemeinsame Berücksichtigung bietet die geeignete Basis sowohl für die Entwicklung der Gesundheit als auch der Kampfkunstfähigkeit. Bei diesen insgesamt fünf Aspekten handelt es sich um Shen (Geist), Yi (Vorstellungskraft), Qi (Lebensenergie), Li (Kraft) und Xing (körperliches Erscheinungsbild). Ihr rechtes Verhältnis zueinander wird in allen Übungsinhalten von Yiquan eingeübt. Von diesen Inhalten gibt es sieben an der Zahl, die auch die sieben Schätze genannt werden:

  1. Zhanzhuang (Stehen-wie-ein-Pfahl bzw. Stehen-wie-ein-Baum),
  2. Shili (die Kraft testen),
  3. Mocabu (Schritttraining),
  4. Tuishou (Pushing Hands),
  5. Fali (die Kraft explodieren lassen),
  6. Sanshou (Freikampf),
  7. Shisheng (der Einsatz der Stimme).